Zum TEUFEL MIT der KUNST
ONI WA SOTO
鬼わ外
Jonathan Meese im Zusammenspiel mit japanischen Teufeln
Eröffnung
13.09.2023 | 18–21 Uhr
Art Space Claudia Delank | Bleibtreustr. 15–16, 10623 Berlin
Öffnungszeiten während der Berlin Art Week 2023
11–18 Uhr
Ausstellung
13.09.2023 – 25.10.2023
Art Space Claudia Delank | Bleibtreustr. 15–16, 10623 Berlin
Nach Vereinbarung
Der charakteristische japanische Teufel (Oni) hat nicht nur buddhistische sondern auch chinesische Elemente in sich aufgenommen. Buddhistisch-stämmige Oni, die in der Hölle beheimatet sind, lassen sich leicht mit christlichen Teufeln vergleichen. Teufel werden als Menschen mit tierischen Merkmalen (Hörnen, Reißzähnen und Klauen) dargestellt: Oni wie christliche Teufel sind Gegenspieler der Menschen. In „Ecce Homo“ konstatiert Nietzsche über die Schöpfung: „war es Gott selber, der sich als Schlange am Ende seines Tagewerks unter den Baum der Erkenntnis legte: er erholte sich so davon, Gott zu sein… Er hatte Alles zu schön gemacht… Der Teufel ist bloß der Müßiggang Gottes an jedem siebten Tage…“. Wir brauchen den Teufel, um uns nicht zu langweilen. In der japanischen Sagen- und Ideenwelt gibt es im Gegensatz zum Westen eine Vielzahl verschiedener „böser“ Oni:
Shuten-Dôji
ist ein menschenfressender Oni, der in der Heian-Zeit (1185-794 n. Chr.) auftritt, und in erster Linie Frauen mit einem Biss verschlingt. Er haust auf dem Berg Oe nahe der Hauptstadt und raubt vorzugsweise adlige Frauen, die er versklavt, missbraucht und schließlich auffrisst. Erst dem tapferen Krieger Minamoto no Yorimitsu und seinen vier Vasallen gelingt es nach vielen Abenteuern Shuten-Dôji zur Strecke zu bringen. Die Geschichte hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem griechischen Helden Odysseus und dem Zyklopen Polyphem. Shuten Dôji ist im Gegensatz zum Teufel nicht unsterblich.
Shôki Dämonentöter
Shôki ist eine mächtige dunkel gekleidete Figur mit wildem Bart einer chinesischen Beamtenkappe und großen Stiefeln. In der einen Hand hält er einen Oni und in der anderen ein Schwert. Seine Bilder wurden als Talismane gegen Krankheiten eingesetzt.
Der Sage nach wurde Shoki (chin. Zhong Kui) in China ein Beamtenposten verweigert, weil er die Beamtenprüfung nicht bestanden hatte und weshalb er sich umbrachte und als Totengeist nicht zur Ruhe kam. Erst als der Kaiser ihn rehabilitierte übernahm der inzwischen versöhnte Geist Shokis das Amt als Dämonen- und Teufelsbezwinger für den Kaiser.
Oni als Tölpel
Seit dem 13. Jahrhundert gibt es in Japan auch Oni, die eher tölpelhaft als dämonisch sind, oft als buddhistische Pilger oder Musikanten verkleidet.
Oni wa soto – Teufelsaustreibung
Es gibt in Japan den Brauch, am 3. Februar (setsubun, letzter Tag des Winters) mit getrockneten Sojabohnen, die man in die Innenräume von Häusern wirft, Teufel und böse Gesister bzw. den Winter auszutreiben. Dabei ruft man „oni wa soto fuku wa uchi“ in der Hoffnung, dass die Teufel auf dem Boden ausrutschen.
Windgott – Donnergott
Es gibt gute Oni zur Bekämpfung von Seuchen und Oni-Masken/Oni-Darstellungen auf Dachschindeln
Berghexe Yamauba
Im Nô-Theater wird die Berghexe Yamauba mit einer hannya Maske dargestellt.
Neben den traditionellen Teufels (Oni)-Darstellungen in der japanischen Malerei, Holzschnittkunst und in der angewandten Kunst wird auch die Präsentation der Oni im zeitgenössischen, japanischen Leben eine Rolle spielen. Dabei vor allem in Form von Manga und Anime. Im zeitgenössischen Verständnis ist ein Oni ein Außerirdischer, ein Hybrid aus Erdbewohnern und einer anderen Spezies oder einfach eine andere Spezies auf der Erde aus der fernen Vergangenheit, der Zukunft oder, wenn er aus der Gegenwart kommt, aus einer anderen zeitlichen Dimension. Die Existenz eines Oni ist auch mit Spitzentechnologien wie Elektronik, Mechanik und Robotik verwoben. Im Cyberspace leben die Oni oft als Stadtbewohner mit den Menschen zusammen. Die Geopolitik mag sich ändern, aber der Oni ist immer noch ein entfremdeter „Anderer“. So wie die Themen der zeitgenössischen repräsentativen popkulturellen Medien sehr vielfältig sind, so ist auch die Darstellung der Oni sehr unterschiedlich.
Jonathan Meese wurde in Japan geboren. Der international renommierte Künstler arbeitet seit vielen Jahren zum Thema Teufel als Alter Ego in den Medien Malerei, Performance Film, Skulptur und Keramik. Für ihn ist die Kunst eine Notwendigkeit, um den Menschen in eine andere Denk- und Wahrnehmungsweise zu führen, die nicht von begrifflicher Sprache dominiert ist. Für ihn bedeutet Kunst die Form im Sinne einer universal gültigen Ordnung zu sehen. Kunst ist eine Weise, diese Ordnungen in eine Form zu bringen und erfahrbar zu machen. Jonathan Meeses Kunst führt in diesem Sinne einen Dialog mit den Oni der traditionellen japanischen Kunst in all ihren negativen, wilden und zerstörerischen Aspekten, sowie mit ihrer zeitgenössischen Präsentation in Anime und Manga, vor allem in ihrer Rolle als „Alien“.
Die Ausstellung zeichnet einen Spannungsbogen der traditionellen japanischen Kunst hin zur populären Gegenwart im Spiegel der Kunst Jonathan Meeses.
TO THE DEVIL WITH ART
ONI WA SOTO
鬼わ外
Jonathan Meese Interacting with Japanese Devils.
Opening
13.09.2023 | 6–9 pm
Art Space Claudia Delank | Bleibtreustr. 15–16, 10623 Berlin
Opening Times during the Berlin Art Week 2023
11 am – 6 pm
Exhibition
13.09.2023 – 25.10.2023
Art Space Claudia Delank | Bleibtreustr. 15–16, 10623 Berlin
By Appointment
The characteristic Japanese devil (Oni) has incorporated not only Buddhist but also Chinese elements. Buddhist-derived Oni, who reside in hell, can easily be compared to Christian devils. Devils are depicted as humans with animal features (horns, fangs and claws): Oni, like Christian devils, are antagonists of humans. In „Ecce Homo“ Nietzsche states about creation: „He had made everything too beautiful… The devil is merely the idleness of God on every seventh day…“. We need the devil in order not to be bored.
In the Japanese world of legends and ideas, in contrast to the West, there is a multitude of different „evil“ Oni:
Shuten-Dôji
is a man-eating Oni who appears in the Heian period (1185-794 A.D.) and primarily devours women with one bite. He dwells on Mount Oe near the capital and prefers to rob noble women, whom he enslaves, abuses, and finally eats. Only the brave warrior Minamoto no Yorimitsu and his four vassals manage to hunt down Shuten-Dôji after many adventures. The story bears a striking resemblance to the Greek hero Odysseus and the Cyclops Polyphemus. Shuten-Dôji, unlike the devil, is not immortal.
Shôki Demon Slayer
Shôki is a powerful dark-clad figure with a wild beard of a Chinese official’s cap and big boots. He holds an Oni in one hand and a sword in the other. His images were used as talismans against illness. According to legend, Shôki (Chinese: Zhong Kui) was refused a civil service post in China because he had failed the civil service examination, which is why he committed suicide and never came to rest as a spirit of the dead. Only when the emperor rehabilitated him, the meanwhile reconciled spirit of Shoki took over the office of demon and devil vanquisher for the emperor.
Oni as dolts
Since the 13th century, there have also been Oni in Japan who are doltish rather than demonic, often disguised as Buddhist pilgrims or musicians.
Oni wa soto – exorcism of the devil
There is a custom in Japan on 3 February (setsubun, last day of winter), when dried soybeans are thrown into the interiors of houses to exorcise devils and evil spirits or the winter. They shout „oni wa soto fuku wa uchi“ in the hope that the devils will slip on the floor.
Wind god – Thunder god
There are good Oni for fighting epidemics and Oni masks / Oni representations on roof shingles.
Mountain witch Yamauba
In Noh theatre, the mountain witch Yamauba is depicted with a hannya mask.
In addition to the traditional depictions of devils (Oni) in Japanese painting, woodcarving and applied arts, the presentation of Oni in contemporary Japanese life will also play a role. Especially in the form of manga and anime. In contemporary understanding, an Oni is an alien, a hybrid of earthlings and another species, or simply another species on earth from the distant past, the future or, if from the present, from another temporal dimension. The existence of an Oni is also intertwined with cutting-edge technologies such as electronics, mechanics and robotics. In cyberspace, the Oni often live with humans as city dwellers. Geopolitics may be changing, but the Oni is still an alienated „other“. Just as the themes of contemporary representative pop cultural media are very diverse, so too is the representation of the Oni.
Jonathan Meese was born in Japan. The internationally renowned artist has been working for many years on the theme of the devil as alter ego in the media of painting, performance film, sculpture and ceramics. For him, art is a necessity to lead people into a different way of thinking and perceiving that is not dominated by conceptual language. For him, art means seeing form in terms of a universally valid order. Art is a way of bringing this order into a form and making it tangible. In this sense, Jonathan Meese’s art engages in a dialogue with the Oni of traditional Japanese art in all their negative, savage and destructive aspects, as well as with their contemporary presentation in anime and manga, especially in their role as „aliens“.
The exhibition draws an arc of tension from traditional Japanese art to the popular present in the mirror of Jonathan Meese’s art.
Fotos: Roman März und Claudia Delank